Senegal

Eineinhalb Jahre Senegal

Wer hätte das gedacht, damals bei unserer Einreise über den Grenzübergang Diama von Mauretanien in den Senegal, dass sich die Grenzen um uns herum nur wenige Tage später schließen würden! An unserem Jahrestag ist uns gar nicht zum Feiern zumute, unser Frust ist groß, denn wir haben uns unser Afrika-Abenteuer so nun doch nicht vorgestellt.

Bei unserer Einreise in den Senegal haben wir einen Monat für die Durchreise durch den Senegal geplant – doch erstens kommt es anders…und zweitens als man denkt!

Insgesamt 17 Monate harren wir im Senegal aus, ehe wir uns entscheiden, unseren Tiger zu verschiffen und selbst mit unseren Hunden zurückzufliegen. Zu diesem Zeitpunkt hält Marokko noch immer die Grenzen nach Europa geschlossen und da uns Hilfe seitens der Deutschen Botschaft in Dakar, wie auch vom Auswärtigen Amt in Deutschland, versagt bleibt, müssen wir doch die teure Rückreise mit Schiff und Flugzeug tätigen.

Unsere aktuelle Situation ist miserabel

Eine Weiterreise durch einige Länder, die auf unserer Route nach Namibia und Südafrika liegen, ist durch die Pandemie und die Beschränkungen noch gefährlicher geworden, als es ohnehin schon ist. Die wirtschaftliche Lage in vielen Ländern Afrikas hat sich durch Corona enorm verschlechtert und dazu kommen noch klimabedingte Missernten, Korruption und kriegerische Konflikte, die unsere Situation nicht einfacher machen.

Unruhige Zeiten im Senegal – wir halten uns weiterhin ,bedeckt‘. Monatelang warten wir vergebens auf eine Änderung der Grenzsituationen, die durch Corona für den touristischen Verkehr geschlossen sind.

Weder vor noch zurück

Zur Zeit können wir auch nicht nach Deutschland zurückfahren, da die aktuelle Lage in Marokko dies nicht zulässt. Aus Sorge vor den Corona-Mutanten schottet sich Marokko fast komplett vom Rest der Welt ab, die Sonderfähren nach Europa wurden ohnehin schon eingestellt und aufgrund politischer Differenzen im Zusammenhang mit dem Westsahara-Konflikt hat Marokko auch noch zu allem Übel den Dialog mit Deutschland abgebrochen.

Der Senegal zählt noch zu den wirtschaftlich stabilen Ländern Afrikas – doch die Zustände sind miserabel.

Nach Hause?

Eigentlich wollten wir jetzt nach Dakar aufbrechen, eventuell sogar dabei Gambia passieren, um uns vor Ort um Verschiffung und Rückflug zu kümmern. Aber die Berichte über Demonstrationen, Unruhen, blutigen Straßenkämpfen mit vielen Toten in den Städten Senegals machen dies nun auch erst einmal unmöglich.

Diese Collage habe ich im Frühjahr 2021 erstellt, um die gewalttätigen Ausschreitungen im Senegal zu visualisieren. Wir fahren nicht wie geplant nach Dakar, sondern bleiben vorerst in der ruhigeren Casamance und hoffen auf ein Ende der blutigen Straßenschlachten.

Free Senegal ✊🏿

Unter diesem Motto sind wegen der Inhaftierung des Oppositionspolitikers Ousmane Sonko viele, meist junge Leute, in den Straßen unterwegs um ihrem Unmut Luft zu machen. Hauptsächlich richtet sich ihr Missmut gegen den amtierenden Präsidenten Macky Sall, dem man den Ausverkauf Senegals vorwirft. Es geht um kostbare Fischereirechte und natürlich Bodenschätze. Vor allem aber demonstrieren die jungen Menschen für mehr und bessere Ausbildung, sie fordern mehr Studienplätze und gute und sichere Arbeitsplätze.

Armut hat viele Gesichter. Auch wenn die Menschen im Senegal nicht hungern, ist die Perspektivlosigkeit, gerade für die jungen Menschen, zermürbend.

Das soziale Netzwerk im Senegal bilden noch immer die starken Familienstrukturen, die der ganzen Gesellschaft Halt und Fürsorge geben. Ohne Job und ohne Geld kann ein junger Mann hier jedoch nicht heiraten, das System gerät damit komplett aus den Fugen. Der Reichtum Senegals, so die jetzt fordernde und kämpferische Stimme des Volkes, kommt bei ihnen nicht an.

Kafoutine, ein touristisches Highlight in der Casamance – für uns ernüchternd!

Corona im Senegal

Nach langen Monaten der Einschränkungen sind die Menschen am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten. Der Senegal lebt hauptsächlich vom Tourismus und viele Hotels, gerade die großen Global Player wie Club Med, bleiben auch in 2021 geschlossen. Dramatisch. Aber ehrlich gesagt, die Einnahmen durch den Pauschaltourismus erreicht die Bevölkerung nicht. Das einzige, was von den Touristen bleibt, ist nur noch mehr Müll, der den Senegal erstickt.

Marktfrauen in Cap Skirring, einer Stadt in der Casamance, die hauptsächlich vom Tourismus lebt. Doch bedingt durch Corona fehlen die Touristen schon seit über einem Jahr.

Viel Unterstützung und Hilfe kommt tatsächlich aus dem Volk selbst. Solidarität, Respekt und Hilfe sind Worte, die ein Senegalese mit Leben füllt. Trotz des praktizierten ,Teranga‘, was ,Willkommen‘ bedeutet und die Werte der Gastfreundschaft, des Teilens und der Solidarität der Senegalesen beinhaltet, sind die Menschen jetzt unzufrieden – und frustriert!

  1. Klaus Haller

    Ein sehr interessanter, frustrierender aber ehrlicher Bericht. Hier und da lese ich Blog- Berichte von Reisenden. In der Regel sind sie alle sehr blumig geschrieben, alles ist stets bestens, überwältigend und toll.. Wir wissen das es nicht so ist und so eine Reise auch mal Negatives oder Gefahren mit sich bringt. (Eigene Reiseerfahrungen mit einem 11.9 Tonner) Vielen Dank für den Bericht. Ich drücke Euch die Daumen das Eure Reise bald wunschgemäß weiter gehen kann. Haltet durch !
    Beste Grüße
    Klaus

    • Heike Krüger

      Lieber Klaus,

      Dein Kommentar tut uns sehr gut! Danke dafür. Es stärkt unseren Mut, häufiger die Seite zu beschreiben, die nicht so hübsch anzuschauen und Good-Selling ist. Es gibt so viel zu erzählen und zu zeigen, nach einem Jahr vor Ort. Wir sind allerdings auch Gäste in diesem Land, und es liegt uns fern, auch nur einem dieser liebenswerten Menschen ,auf die Füße zu treten‘.
      Seid ihr noch unterwegs? Wo kann man Euch folgen? Wir finden Euch nicht über die angegebene Webadresse?
      Danke für Eure guten Wünsche – es gibt immer einen Weg. Bleibt gesund! Heike und Frank

  2. Hi Heike and Frank
    I have just been going though my laptop and found the short film I made when you were in Morocco last year and was wondering how you are. Judging from your blogs you managed to stay in your truck during all of this pandemic madness. Hopefully you will be free to carry on traveling.
    I have been locked down in Central Portugal, my son is in Germany and still at school
    All the best
    https://vimeo.com/389274710

    • Heike Krüger

      Yes dear Hugh !!!
      How wonderful to hear from you.
      Well, our Africa tour came to an abrupt end in Senegal at the beginning of March. What luck that we decided against a longer stay in Mauritania, otherwise we would still be stuck in Mauritania🙈. Five days after we arrived in Saint-Louis, the borders were closed! Three months later, the district borders were opened and at least we could visit Senegal. We have been in Casamance since November, where there is officially no corona case. We can’t go back either, because Morocco is spinning and completely isolating itself. Shipping our vehicle to Europe is the last option for us. All friends envy us for our free and unrestricted life here. Here is normal everyday life, the people are incredibly friendly and lovable, we feel very well cared for here. Return? For what? Germany is a madhouse – what should we do there?
      Dear Hugh, I hope you are well, stay healthy and best regards to your son. Happy Easter and I hug you! We may see each other in Portugal.
      All the best, your Heike, Frank, Ayla, Aster and Joda

  3. Hallo Heike, ich hab gerade den Bericht gefunden und durchgelesen. Muss eine schlimme Zeit hier gewesen sein. Meine Frau und ich sind gerade als Rucksackreisende im Senegal unterwegs und wir sind nicht gerade das erste mal in Afrika. Aber was wir hier sehen und erleben (wir sind nach 3 Monaten auf den Kapverden seit ungefähr einer Woche im Senegal. Wir haben bereits unsere Reiseplanung umgestellt und hoffen, dass es nicht überall so schlimm ist wie an der Petite Cote. Leider wird die Sache mit dem Müll immer schlimmer, wird finden kaum noch einen ansehnlichen Platz. Dazu Lärm, Dreck, Müll und Fäkalien werden ins Meer geleitet bzw. am Strand entsorgt, selbst Touristenorte wie Joal Fadiouth ersticken im Müll. Dazu noch eine extrem schlechte Luft, Schlepper, allerorts nervige Guides und auch sonst oft unfreundliche Menschen. Die wirklich netten und hilfsbereiten Einheimischen sind leider bisher eine kleine Minderheit. Wir hatten auch die Hochglanzfotos im Kopf und uns auf ein erlebnisreiches, schönes Land gefreut. Hoffentlich wird´s noch besser, wenn wir weiter südlich reisen. lg Peter und Ursula

    • Heike Krüger

      Hallo Peter, vielen Dank für Deinen interessanten und ausführlichen Kommentar. Wir können Eure Eindrücke nur bestätigen und fühlen mit Euch.
      Wenn wir den Menschen hier in Deutschland von dem Müll und Dreck erzählen, können sie es nicht glauben. Wir haben jedoch das große Glück gehabt, viele wirklich herzliche und freundliche Menschen im Senegal kennenzulernen. Wir haben echtes, ehrliches Teranga erfahren dürfen, dieses magische senegalesische Wort für sehr viel mehr als nur Gastfreundschaft. Einen Großteil unseres 17 Monante langen Aufenhaltes im Senegal haben wir in abgelegenen Orten der Casamance verbracht und sehr viel ursprüngliches erlebt.

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